Die Bootsindustrie auf europäischer Ebene denken: vom Ural bis zu den Azoren

Osteuropäische Werften haben ein großes wirtschaftliches Gewicht

Dem Krieg in der Ukraine kann man sich in den Nachrichten kaum entziehen. Die große Freizeitschifffahrt bleibt von dem Konflikt nicht verschont, ebenso wenig wie die Produktion von Serienbooten. Aber wäre das nicht eine Gelegenheit, die Organisation der Bootsindustrie zu hinterfragen?

Ein Konflikt mit vielen Folgen für die Freizeitschifffahrt

Angesichts der Bomben und der Gefahren für das menschliche Leben können Wassersport und Freizeitaktivitäten völlig belanglos erscheinen. Aus diesem Grund wollten wir uns zunächst nicht mit den wilden Listen über die Beschlagnahmung dieser oder jener Superyacht russischer Milliardäre in westlichen Häfen oder Werften befassen. Die Zeit ist nicht reif für eine große Aufregung.

Doch hinter unserer Branche stehen Menschen und Arbeitsplätze und damit auch ihr Lebensunterhalt. Der Konflikt in der Ukraine hat vielen von uns die Gelegenheit gegeben, zu erfahren, welchen Stellenwert das Land für die Bootsindustrie hat. Die Produktion der wichtigsten Hersteller von RIBs, die in Charkiw ansässig sind, wurde vollständig eingestellt, wobei sich die Fabriken im Herzen der Kampfzonen befinden. Die Hersteller von Luxusjachten in Italien und den Niederlanden gaben eine Pressemitteilung nach der anderen heraus, wenn auch in unterschiedlicher Tonalität. Diese oftmals börsennotierten Unternehmen geben sich zwar beruhigend, doch der Anteil der Aufträge, die von russischen Magnaten erteilt werden, kann manchmal beträchtlich sein.

Eine europäische Vision für den Wassersport

Während der Krieg in der Ukraine die Transportkosten mit einem rasant steigenden Treibstoffpreis verteuert und die Preise für Verbundwerkstoffe wahrscheinlich folgen werden, könnte die Schifffahrt diese Gelegenheit nutzen, um über ihr Produktionsmodell nachzudenken.

Durch die Wahl von Produktionsstätten, die näher an den Verbrauchern liegen, könnten einige Kosten und Umweltauswirkungen behoben werden. Letztere würden auch durch eine Diversifizierung der Materialien, die weniger vom Erdöl abhängig sind, begrenzt. Die Ukraine und Portugal sind nach dem bereits fast gesättigten Polen für einige Industrieunternehmen als kostengünstige Produktionsstandorte in Frage gekommen, doch hier zeigt sich die Grenze dieser Modelle. Es bleibt zu hoffen, dass der Konflikt in der Ukraine die Gelegenheit bietet, dass sich die Bootsbranche auf europäischer Ebene Gedanken über ihre Widerstandsfähigkeit macht.

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